Gräfin Maria Helena Gabriela Rey aus der Familie der Grafen Potocki-Pilawa (22.20.1929 Warschau – 15.08.2020 Montresor)

15 August 2020

Gräfin Maria Helena Gabriela Rey aus der Familie der Grafen Potocki-Pilawa (22.20.1929 Warschau – 15.08.2020 Montresor)

Mit grossem Bedauern haben wir die Nachricht zur Kenntnis genommen, die uns Anna Mesnet aus Montrésor hat zukommen lassen. An Mariä Himmelfahrt – in Polen als Feiertag «Gottesmutter der Kräuter» begangen – ist Frau Maria Rey, mit welcher uns langjährige Bande der Freundschaft einte, in die Ewigkeit abberufen worden.

Das Schloss Montrésor wurde an der jährlich stattfindenden «Konferenz der Museen, Bibliotheken und Archive im Westen» seit immer, d.h. seit der Gründung der Konfe­renz im Jahre 1979, von Gräfin Maria Helena Gabriela Rey aus der Familie der Gra­fen Potocki-Pilawa vertreten. Mehrfach hat sie das Museum in Rapperswil besucht, für das sie eine grosse Sympathie hegte, da es eine ähnliche Geschichte aufweist wie ihr geliebtes Montrésor.

Die im September gemeinsam verbrachten Tage während der Ständigen Kon­ferenz, wenn sie auf Schloss Montré­sor organisiert wurden, hatten einen speziellen Charak­ter und einen besonderen Reiz. Allein die Freude über ein neues Treffen mit Maria und ihrer auf dem Schloss residierenden Familie begleitete uns bereits auf der Reise nach Montré­sor, und sie wuchs mit jeder Windung der Strasse der Ortschaft. Nach­dem wir das Ein­gangs­tor hinter uns gelassen hatten, wurden wir jeweils schon auf dem Schlosshof von der stets lächelnden Maria willkommen geheissen.

Die Atmosphäre des mittelalterlichen Schlosses – das im Jahre 1849 von Konstanty Rey erworben worden war und im Verlauf von mehr als anderthalb Jahrhunderten Flüchtlingen aus Polen Unterschlupf gewährt hat – gab unseren Treffen jeweils eine ganz besondere Aura. In den Zimmern mit der Ausstattung aus der Zeit des Zweiten Kaiserreichs, inmitten von Gemälden von Vorfahren, mit einem Bild von Jan III So­bie­ski, mit Bildern italienischer und polnischer Meisten, eröffnete sich und jeweils das Polen, nach dem wir uns sehnten – einem Polen durchtränkt von christlicher Tradi­tion, Kultur und Patriotismus. Über die Sammlungen wachte Maria, die über deren Herkunft und Geschichte bestens Bescheid wusste. Während der geschlossenen Sit­zun­gen teilten wir jeweils mit Maria auch deren Sorge um den technischen Zustand des Schlosses sowie auch ihre Bemühungen um die Beschaffung von Geldmitteln zum Er­halt des Schlosses.

Die Angelegenheiten rund um die Bewahrung des Schlosses in den Händen des pol­ni­schen Geschlechtes, um die Konservierung der Sammlungen und der historischen Substanz waren für Maria das Wichtigste überhaupt.

Die Sitzungen der Ständigen Konferenz wurde immer mit einer Heiligen Messe ein­ge­leitet. Maria war ständige Teilnehmerin an diesen Messen, und es war meistens sie, die nach Abschluss der Messe das Lied «Boże coś Polskę …» (Gott, der Du Po­len …) intonierte. Während der Sitzung von 2018 machte Maria für uns eine Füh­rung durch den rund um das Schloss angelegten Friedhof.

In der Kapelle blieben wir jeweils bei den Grabmalen der Familienmitglieder der Ge­schlechter Potocki und Branicki stehen und lauschten den Erzählungen Marias. Bei der Verabschiedung dachte niemand von uns, dass dies unser letztes Treffen mit Ihr sein würde.

Mit dem Abgang von Maria schwindet ein weiterer Zeuge der Geschichte polnischer Kulturinstitutionen im Ausland. Die Erinnerungen an all die Menschen und Ereignisse hat sie mit sich genommen.

Unsere Trauer um den Verlust Marias begleiten – ausser den Gebeten – das Gefühl der tiefen Dankbarkeit für die gemeinsame mehrjährige Arbeit zugunsten des polni­schen Kulturerbes sowie die gemeinsamen Septembertage auf Schloss Montrésor.

Den Ausdruck unseres tief empfundenen Bedauerns um den Tod Marias richten wir an alle Familienmitglieder und an alle ihre Freunde in Montrésor.

Herr, gib ihr die ewige Ruhe,

und das ewige Licht leuchte ihr,

Lass sie ruhen in Frieden. Amen.

Anna Buchmann,

Polenmuseum Rapperswil

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