Dr. Julian Godlewski

Überall in der Welt, wo polnische Kultur im Spiel ist, pocht mein Herz und ist meine Aktivität gefordert.

 

Dr. Julian Godlewski (1903 Lemberg – 1983 Warschau)


Sehr geehrte Damen und Herren,

Das Jahr 2023, in welchem das Museum des 120. Geburtstages und des 40. Todestages von Julian Godlewski gedenkt und deshalb ein Julian-Godlewski-Jahr ausgerufen hat, neigt sich dem Ende zu. Der so Geehrte war der bedeutendste Gönner des Polenmuseums in Rapperswil. Seine Zuwendungen legten den Grundstein für eine professionelle Museumssammlung, und seine finanzielle Unterstützung sicherte die Zukunft des Museums für mehrere Jahrzehnte.

Ziel der vorliegenden Ausstellung ist es, an die Verdienste von Julian Godlewski für die polnische Kultur und das polnische Kulturerbe im Ausland zu erinnern. Die Ausstellung ist nicht nur aus einer Art Pflichtgefühl heraus entstanden, sondern auch und vor allem aus Dankbarkeit, die wir für einen äusserst edlen Menschen und Kunstmäzen hegen. Eine solche ist notwendig, weil das menschliche Gedächtnis unzuverlässig ist und weil edle und selbstlose Taten nur zu leicht unserem Bewusstsein entgleiten.

Mit der Ankündigung des Godlewski-Jahres auf Facebook und auf der Website des Museums im Frühjahr und der Ankündigung der Ausstellung meldeten sich viele Menschen, die uns bei der Organisation dieser Ausstellung unterstützen wollten. Es stellte sich heraus, dass die Erinnerung an Julian nicht nur in seiner Familie weiterlebt, sondern dass es noch viele Menschen gibt, die ihn gekannt haben und persönliche Erinnerungsstücke an ihn besitzen. Die Bereitschaft, Erinnerungen, Dokumente und Fotos aus privaten und familiären Sammlungen zu teilen, war gross.

Viele drückten ihre aufrichtige Wertschätzung und Freude darüber aus, dass wir des selbst in Kunsthistorikerkreisen in Vergessenheit geratenen Wohltäters und Philanthropen gedenken, und zwar in einer Form, die heute nicht mehr üblich ist. Wir wurden von Godlewskis engster Familie – Herrn und Frau Gromnicki aus Warschau – kontaktiert. Sie unterstützten uns mit Familiengeschichten und Fotos aus der Jugendzeit von Jul, wie er in der Familie genannt wurde. Unterstützung erhielten wir auch von Andrzej Skorupski, Julian Godlewskis Mitarbeiter, der ebenfalls seine Erinnerungen und Fotos mit uns teilte.

Die Leitung über den inhaltlichen Teil der Ausstellung übernahm Dr. Piotr Chabiera. Er redigierte die meisten der berücksichtigen biografischen Texte und beschrieb fachkundig die wichtigsten Kunstwerke, die als Schenkungen von Julian Godlewski an Institutionen in Polen gegangen waren.

Julian Godlewski war eine dermassen vielseitige und aussergewöhnliche Persönlichkeit, dass es unmöglich ist, alle seine Leistungen in einer einzigen Ausstellung zu beschreiben. Im Wissen darum wird deshalb auch eine Broschüre erstellt, die eine detailliertere Biografie Godlewskis mit weiteren Informationen und Fotos enthält, die aus Platzgründen in der Ausstellung nicht hatten berücksichtigt werden können. Ferner ist geplant, einen Film über Godlewskis Leben und Werk zu drehen. Dieses Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Museum der Geschichte Polens durchgeführt.

Die vorliegende Ausstellung stützt sich auf Archivmaterial aus dem Nachlass von Julian Godlewski, das im Archiv des Polenmuseums unter der Signatur I-27 aufbewahrt wird. Die darin vorhandene und in Form eines Lebenslaufes gehaltene Dokumentation von Akten – zu dieser gehören persönliche Dokumente des Gönners sowie ein Typoskript der Diplomarbeit mit dem Titel Julian Godlewski: Mäzen der polnischen Kultur, verfasst von Zofia Mikulska [1] – ermöglichte es, eine Biografie des Gönners zu erstellen. Der Kontakt mit der Familie und den Mitabeitern von Julian Godlewski erleichterte die Verifizierung der zusammengetragenen Informationen und bereicherte diese. Materialien zu Julian Godlewski finden sich auch in anderen Beständen des Archivs in Rapperswil. In den Unterlagen des Vereins der Freunde des Polenmuseums in Rapperswil ist die Korrespondenz betreffend die Übergabe der ersten Schenkungen an das Museum erhalten geblieben. Im Nachlass von Kazimierz und Halszka Vincenz fanden sich Unterlagen zu den Grundsätzen zur Stiftung des Anna-Godlewska-Kunst-und-Literaturpreises durch Julian Godlewski, während im heutigen Archiv der Kulturstiftung Libertas Unterlagen zur finanziellen Unterstützung des Museums in Rapperswil durch Godlewski vorhanden sind. Auch in den Archiven derjenigen polnischen Kulturinstitutionen, die Julian Godlewski unterstützt hatte, mussten Nachforschungen angestellt werden. Die Besuche in diesen Institutionen hat der Leiter des inhaltlichen Teils der Ausstellung, Dr. Piotr Chabiera, auf sich genommen.

Eine Ausstellung lebt jedoch nicht vom Text, sondern vom Bild. Zu den gesammelten Materialien musste somit geeignetes Bildmaterial zusammengetragen werden. Der Nachlass von Julian Godlewski umfasst zwar mehrere Fotografien, aber dank der Familie Gromnicki konnten die interessantesten Fotos aus der Kindheit und Jugendzeit von Jul für die Ausstellung erworben werden. Dank Andrzej Skorupski erhielten wir Fotos von Julian Godlewskis Besuchen in Polen.

Von polnischen Kulturinstitutionen erhielten wir die Erlaubnis, Fotos von Kunstobjekten – allesamt Geschenke von Julian Godlewski – zugänglich zu machen: solche aus den Staatlichen Kunstsammlungen im Königsschloss auf dem Wawel, und andere aus dem Museum beim Königsschloss in Warschau. Wir danken Herrn Andrzej Konopka für die Übermittlung einer Aufnahme des Gemäldes Herrenhaus in Mereczowszczyzna aus dem Kościuszko-Museum in Solothurn. Zur Illustration und Vervollständigung der biografischen Informationen über die Arbeit von Julian Godlewski für den Thyssen-Konzern haben wir die von Michaela Barz-Berg in ihrem Internet-Blog [2] zusammengetragenen Fotos verwendet. Vielen Dank für diese Hilfe. Mein Dank für das zur Verfügung gestellte Material geht an die Mitarbeitenden des Archivs der Fritz-Thyssen-Stiftung in Köln.

Allen im obigen Text erwähnten Personen möchte ich für deren Hilfe und für die geleistete Arbeit von Herzen danken.

Für die grosse Unterstützung bei der Vorbereitung der Ausstellung danke ich der bereits erwähnten Familie Gromnicki. Ihnen verdanke ich Details, die sich in der Familiengeschichte erhalten haben, etwa Fotos aus Juls Jugendzeit. Auch die Hilfe und das Wissen von Andrzej Skorupski, Julian Godlewskis Sekretär in Warschau, der Informationen und Fotos mit uns teilte, kamen mir zugute. Mein Dank gilt ferner Dr. Piotr Chabiera, der die Ausstellung betreut, biografische Texte verfasst und die wichtigsten Kunstwerke, die Julian Godlewski den polnischen Kulturinstitutionen geschenkt hatte, fachkundig beschrieben hat.

Jede Ausstellung ist immer das Ergebnis der Arbeit vieler Menschen. Die grafische Gestaltung wurde von Monika Czepielewska-Wóycicka entworfen und ausgeführt.

Ihren Beitrag an der Ausstellung haben auch die Mitarbeitenden des Museums geleistet: Sylwia Bielak, Danuta Miż-Miszyn, Anna Tomczak, Ewa Wąsik und Adam Wodyk. Auch ihnen möchte ich meinen Dank aussprechen. Für die Idee zur Erarbeitung der Ausstellung, für die Unterstützung und für die Hilfe bei der Herstellung von Kontakten mit anderen Institutionen und Personen möchte ich vor allem der Direktorin des Polenmuseums, Anna Buchmann, danken.

Die Ausstellung ist für eine Veröffentlichung im Web konzipiert worden. Sie ist jedoch so gestaltet, dass sie mit kleineren Anpassungen jederzeit auch auf Ausstellungstafeln gedruckt und so zu einer traditionellen Ausstellung gemacht werden kann.

Daniel Guzman
Kurator der Ausstellung

 

1 Z. Mikulska, Julian Godlewski: Mecenas kultury polskiej [Mäzen der polnischen Kultur], Warszawa 1999, S. 70 f.
2 https://www.kokerei-august-thyssen.de/k_at_hist.html [dostęp on-line/Online-Zugriff: 25-10-2023]

Die vorliegende Ausstellung wurde in polnischer Sprache verfasst. Es ist auch eine Version in englischer und eine in deutscher Sprache vorgesehen.

 

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Im Jahr 2022 endete auf Beschluss der Behörden von Stadt und Gemeinde Rapperswil-Jona die Geschichte des Polenmuseums auf Schloss Rapperswil. Das Museum, das 1870 in einer von Polen wieder aufgebauten Burgruine gegründet wurde, verlieh der Stadt Glanz und war 152 Jahre lang Teil der Schweizer Geschichte und Zeugnis der humanitären Tra­di­tion. Das dramatische Schicksal der Sammlungen des Museums spiegelt die Geschichte Mittel- und Osteuropas wider. In den vergangenen 68 Jahren hat das Museum auf dem Schloss mit Ausstellungen und Konzerten zum kulturellen Leben der Stadt beigetragen und dieses bereichert. Sie ist zu einem Ort internationaler Begegnungen und Diskussionen über die Geschichte Europas, sein geistiges und materielles Erbe geworden. Es war die grösste polnische Kultureinrichtung in der Schweiz, ein Zentrum für Informationen über die polnische Geschichte und Kultur, ein Symbol der polnisch-schweizerischen Freundschaft.   

1954 wurde der Verein der Freunde des Polenmuseums in Rapperswil mit dem Ziel gegrün­det, das 1951 geschlossene Museum zu reaktivieren. Dier Verein musste die Mittel dafür selbst aufbringen. Der erste Kurator des Museums, Zdzisław Pręgowski, fand in der Person von Julian Godlewski, eines Doktors der Rechtswissenschaften, einen Mäzen, der sich der Idee einer Wiederbelebung des Museums im Schloss verschrieben hatte,

Julian Godlewski schuf die materielle Grundlage für das Museum und gewährleistete diese für viele Jahre. Dank seiner persönlichen Schen­kungen und den Verbindungen auf der gan­zen Welt wurde die Sammlung des Museums im Laufe der Jahre durch neue Werke immer wertvoller. Ihm ist es zu verdanken, dass das Museum 68 Jahre lang seinen Sitz im Schloss behalten und umfangreiche internationale Aktivitäten entfalten konnte.